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Zertifizierung von nachhaltigen Gebäuden

Überblick über DGNB, QNG, LCA und die KFN-Förderung

Im Gebäudesektor sollen die CO2-Emissionen bis 2030 auf 67 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente reduziert werden. Um die nationalen sowie europäischen Energie- und Klimaziele zu erreichen, muss noch einiges getan werden. Nachhaltige Neubauten (Wohn- und Nichtwohngebäude) müssen bereits eine Vielzahl von ordnungsrechtlichen Anforderungen erfüllen. Politisch stand lange Zeit der Energieverbrauch in der Nutzungsphase im Vordergrund.

Ein Überblick über Zertifizierung von nachhaltigen Gebäuden.

Doch das greift zu kurz: In der aktuellen politischen Diskussion und mit der Bundesförderung für Klimafreundlichen Neubau (KFN) vom März 2023 rücken nun weitere Aspekte der Nachhaltigkeit immer mehr in den Fokus. So zum Beispiel die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus von Gebäuden. Mehr zur Bundesförderung und wieso sich Nachhaltigkeits-Siegel und -Zertifikate, wie die DGNB-Zertifizierung, langfristig für Umwelt und Geldbeutel lohnen, das erfahren Sie in unserem aktuellen Beitrag.

Hier geht's direkt zu den einzelnen Zertifizierungen bzw. Analysemethoden: QNG, LCA und DGNB.

Die Bundesförderung Klimafreundlicher Neubau – höhere Standards und neue Nachhaltigkeits-Aspekte rücken in den Fokus

Im März 2023 initiierte die KfW-Förderbank ein Förderprogramm für Klimafreundlichen Neubau (KFN) mit günstigeren Krediten. Nach einem Förderstopp aufgrund der bundesweiten Haushaltssperre im Dezember 2023 läuft die Förderung nun seit Ende Februar 2024 wieder an. Mit der Förderung für den Neubau von Wohn- und Nichtwohngebäuden werden sehr hohe Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstandards definiert. Dabei wird der gesamte Gebäude-Lebenszyklus – vom Bau über den Betrieb bis zum Rückbau – berücksichtigt. Zusätzlich rücken weitere Nachhaltigkeits-Aspekte in den Fokus. Diese sind:

  • Minderung der Treibhausgasemissionen im Gebäude-Lebenszyklus (Grenzwerte für Treibhausgasemissionen)
  • Förderung von nachhaltiger Materialgewinnung (z. B. Holzprodukte aus nachhaltiger Forstwirtschaft)
  • Schadstoffvermeidung in Baumaterialien (z. B. Produktauswahl nach Siegeln wie der Blaue Engel oder das Umweltzeichen EMICODE)
  • Förderung von Barrierefreiheit (z. B. inklusive Konzepte für altersgerechtes Wohnen, Einhaltung von Standards der Barrierefreiheit)
  • Vermeidung von Naturgefahren am Standort (nur relevant für Nichtwohngebäude)
  • Ausschöpfen von Gründach-Potenzial (nur relevant für Nichtwohngebäude)

Förderfähig sind die Kosten für das Bauwerk, die notwendigen technischen Anlagen, die Fachplanung und Baubegleitung sowie Dienstleistungen rund um die Nachhaltigkeitszertifizierung (Energieeffizienz-Fachleute). Um die günstigeren Förderkredite in Anspruch nehmen zu können, bedarf es der Zertifizierung der Immobilie durch eine von der KfW anerkannte Zertifizierungsstelle sowie der Erfüllung der zusätzlichen Anforderungen des Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude (QNG) des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Daneben bietet die Förderbank die Möglichkeit einen geringeren Förderkredit für einen klimafreundlichen Neubau ohne QNG-Siegel. Hierfür muss ein Life Cycle Assessment (LCA) von Energie-Effizienz-Experten durchgeführt werden, in der das QNG-Anforderungsniveau bestätigt wird.

Zugelassene und national gängige Zertifizierungsstellen sind:

  • DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen)
  • BiRN (Bau-Institut für Ressourceneffizienz und Nachhaltiges Bauen)
  • NaWoh (Qualitätssiegel Nachhaltiger Wohnungsbau)
  • BNB (Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen).

Davon international gängig ist lediglich die DGNB-Zertifizierung. International bedeutsam sind auch noch Verfahren nach LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) und BREAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method). Beide Stellen sind allerdings beim Bundesministerium nicht registriert und werden deshalb nicht anerkannt.
Die Entscheidung, welches Siegel bzw. Zertifizierung sinnvoll ist, variiert je nach Projekt und Zielsetzung. Der Erhalt der verschiedenen Zertifizierungen und Siegel ist mit unterschiedlichem Aufwand und Kosten verbunden.

Weitere Informationen (z. B. die Höhe der Fördersätze) finden Sie hier: Wohngebäude und Nichtwohngebäude.

Das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG)

Das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude ist ein vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen entwickelter Standard. Es soll ein einheitliches Verständnis von Nachhaltigkeit im Gebäudebereich stärken und als Grundlage für die Vergabe von Fördermitteln dienen.

Das Siegel gilt als Nachweis für die Erfüllung allgemeiner und besonderer Anforderungen an die Qualität von Gebäuden. Hierbei werden ökologische (bezogen auf den gesamten Gebäude-Lebenszyklus), soziokulturelle (z. B. Komfort, Barrierefreiheit und Sicherheit) und ökokomische Faktoren einbezogen. QNG wird in zwei Nachhaltigkeits-Niveaus verliehen: QNG-PLUS (nachhaltigkeitsrelevante Merkmale in überdurchschnittlicher Qualität) und QNG-PREMIUM (nachhaltigkeitsrelevante Merkmale in deutlich überdurchschnittlicher Qualität).

Alle Informationen rund um das Qualitätssiegel finden Sie hier.

Das Life Cycle Assessment (LCA)

Ein Life Cycle Assessment (LCA), auch Ökobilanz oder Lebenszyklusanalyse genannt, ist eine systematische Analyse zur ganzheitlichen Bewertung der potenziellen Umweltauswirkungen eines Produkts, einer Dienstleistung oder eines Gebäudes über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg. Dabei werden sämtliche Ressourcenverbräuche und Emissionen der Wertschöpfungskette erfasst – von der Rohstoffentnahme und allen Produktions- sowie Transportschritten, über die Nutzung und Wartung, bis hin zum Recycling oder zur Entsorgung.

In allen Lebenszyklusphasen von Gebäuden liegen große Potenziale, Ressourcen zu schonen und CO2-Emissionen zu senken. Es gilt, sämtliche Faktoren wie den Energieverbrauch, die Emissionseinträge in Luft, Wasser und Boden, die Abfälle sowie die Baumaterialien und die Schonung der Rohstoffe mit einzubeziehen und die Ergebnisse bei der Planung zu berücksichtigen.

Für den Förderkredit berücksichtigt das QNG in den einzelnen Lebenszyklen die folgenden Aspekte:

  • Herstellung A 1-3:
    A1 Rohstoffbeschaffung, A2 Transport und A3 Produktion
  • Betrieb und Nutzung B 1-7:
    B4 Austausch und B6 Energieverbrauch im Betrieb
  • Rückbau, Abfallbehandlung und Entsorgung C:
    Abfallbehandlung und Entsorgung

Die DGNB-Zertifizierung

Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen wurde 2007 gegründet und ist mit ihren 1.200 Mitgliedern Europas größtes Netzwerk für nachhaltiges Bauen. Die DGNB hat ein Bewertungssystem entwickelt, um die Nachhaltigkeit von Gebäuden, Quartieren und Innenräumen messbar zu machen und ganzheitlich zu bewerten. Ziel der Zertifizierung ist es, die Gesamtperformance eines Gebäudes zu dokumentieren und zu bewerten. Bis heute wurden rund 5.000 Projekte nach der Methode der DGNB zertifiziert.

Welche Vorteile ergeben sich durch die DGNB-Zertifizierung?

Die DGNB-Zertifizierung bietet Gebäudenutzer*innen, Investierenden sowie Planer*innen vielfältige Mehrwerte.
Dazu zählen:

Erhöhte Marktchancen durch Imagevorteil

Die Nachfrage nach zertifizierten Gebäuden steigt zunehmend. So lag der Anteil an zertifizierten Green Buildings im Jahr 2022 schon bei knapp 30 Prozent und steigt weiter kontinuierlich an. Das DGNB-Zertifikat erhöht die Chancen bei Verkauf und Vermietung.

Qualitätssicherung

Eine integrale Planung fördert das Aufdecken von Optimierungspotenzialen in allen Gebäude-Lebenszyklusphasen, die dann kostenoptimiert realisierbar sind. Damit steht die Qualitätssicherung des Projekts von Beginn an im Fokus.

Nachhaltigkeit für die nächsten Generationen

Eine ressourcenschonende Bauweise, die Reduzierung von Treibhausemissionen sowie die Minderung des Abfallaufkommens tragen zum Klimaschutz bei und sichern die Zukunft der kommenden Generationen. 

Einhaltung internationaler Standards

DGNB-zertifizierte Gebäude sind sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene vergleichbar. Außerdem erfüllen zertifizierte Gebäude die Anforderungen aus der EU-Taxonomie und den ESG-Kriterien.

Minimierung von Betriebskosten

Die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes fördert geringere Kosten und Prozessoptimierungen im Betrieb.

Gesunde Nutzer*innen

Das DGNB-System berücksichtigt das Wohlbefinden und die Gesundheit der Personen, die das Gebäude nutzen.

Vereinfachte Finanzierung

Die Aussicht auf ein DGNB-Zertifikat ermöglicht schnellere und günstigere Kreditvergaben. 

Wie sieht das Bewertungssystem aus? Welche Anforderungen werden gestellt?

Die DGNB-Zertifizierung ist ein national und international anerkanntes Bewertungssystem sowohl für Wohn- als auch Nichtwohngebäude.
Der Ansatz bemisst die Nachhaltigkeit von Gebäuden anhand von verschiedenen Kriterien aus insgesamt sechs Themenfeldern. Die Basis bilden dabei die drei Säulen „Ökologische Qualität“, „Ökonomische Qualität“ und „Soziokulturelle und funktionale Qualität“ (z. B. Komfort und Wohlbefinden der Gebäudenutzenden), welche gleichgewertet in die Bewertung einfließen. Im Gegensatz zu anderen Bewertungssystemen bezieht die DGNB die Wirtschaftlichkeit als Kriterium gleichberechtigt mit ein. Abgerundet wird die Bewertung durch die drei weiteren Themenfelder „Technische Qualität“, „Prozessqualität“ und „Standortqualität“. Je nach Gebäudeart (Neubau, Bestandsgebäude etc.) und Nutzungstyp (z. B. Bürogebäude) werden die Kriterien und Themenbereiche unterschiedlich gewichtet.

Bei der Zertifizierung wird zwischen den vier Abstufungen Bronze (nur für Bestandsgebäude), Silber, Gold und Platin unterschieden. Die Anforderungen müssen bei einem Projekt insgesamt über alle sechs Themenfelder hinweg zu einem gewissen Prozentsatz erfüllt sein, um eine Zertifizierung zu erlangen. Ebenso müssen die Anforderungen in den einzelnen Themenfeldern selbst zu einem gewissen Grad erfüllt sein. Für DGNB-Gold beispielsweise muss ein Projekt nicht nur 65 Prozent aller Kriterien, sondern auch jedes Themenfeld zu mindestens 50 Prozent erfüllen.

Wie läuft der Prozess zur Zertifizierung ab?

1. Der*die Auftraggeber*in engagiert einen von der DGNB ausgebildeten Auditor. Dieser meldet das Projekt bei der DGNB an.
2. Der DGNB-Auditor begleitet den Planungs- und Bauprozess bis zum Abschluss und übernimmt die Dokumentation.
3. Nach der Fertigstellung werden die Unterlagen zur Prüfung bei der DGNB eingereicht.
4. Die DGNB prüft die Unterlagen abschließend und verleiht das Zertifikat inklusive Plakette.

Mehr Informationen zur DGNB-Zertifizierung finden Sie hier.

Unsere Leistungen: Beratung – PreCheck – Begleitung – Zertifizierung

Energielenker berät Sie bei der Bedarfsplanung, ob eine Zertifizierung bzw. welche Zertifizierung für Ihr Vorhaben am geeignetsten erscheint. Dabei geben wir Hinweise zum Hinzuziehen der Planer*innen und definieren den Rahmen und die Randbedingungen. Im Zuge der Vor- und Entwurfsplanung prüfen wir Ihr Vorhaben in einem PreCheck und zeigen Möglichkeiten zur Optimierung auf. Wenn der PreCheck erfolgversprechend abgeschlossen ist und Sie sich für eine Zertifizierung entschieden haben, begleiten wir Sie gerne beim weiteren Planungs- und Ausschreibungsprozess.

Eine Beratung im Rahmen der Leistungsphase 0/Bedarfsplanung bieten wir nach Tagessätzen an. Für PreCheck, Begleitung und Zertifizierung erstellen wir abhängig vom gewünschten Zertifikats-Typ, der Objektgröße und Nutzung gerne ein Angebot.
Die frühen Leistungsphasen entscheiden über den Erfolg einer Zertifizierung, denn hier sind Aufwand und Kosten für Änderungen gering. In späteren Leistungsphasen sind Kompensationsmaßnahmen in der Regel sehr aufwändig und teuer. Beispielsweise ist es einfacher, in der Entwurfsplanung einen barrierefreien Zugang durch entsprechende Gelände-Modellierung zu planen als diesen nachträglich durch Treppenlifte aufwändig herzustellen.

Deshalb ist es wichtig, sehr früh einen Zertifizierer bzw. Auditor mit einzubinden. Da die DGNB sowohl Wohn- als auch Nichtwohngebäude zertifiziert und es sich um ein international bekanntes Ratingsystem handelt, legt energielenker den Hauptfokus auf die DGNB-Zertifizierung. Unser DGNB-Team um unseren DGNB-Auditor freut sich auf Ihre Anfrage.

Fazit: Zertifizierung von nachhaltigen Gebäuden wird wichtiger

Die aktuelle Bau- und Förderpolitik macht deutlich, dass sich der Fokus im Nachhaltigkeitsdiskurs weg von der Betrachtung des Energieverbrauchs in der Nutzungsphase hin zu einer ganzheitlichen Lebenszyklusanalyse und höheren Nachhaltigkeits-Standards verschiebt. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass künftig Nachhaltigkeits-Aspekte immer mehr an Gewicht gewinnen und eine Zertifizierung langfristig vielfältige Mehrwerte mit sich bringt. Bei (Neu-)Bauvorhaben ist eine frühzeitige Einbindung des Zertifizierungs-Fachpersonals elementar, damit kein Mehraufwand für Umplanungen und Anpassungen an die Anforderungen des Zertifizierungssystems im späteren Verlauf entsteht und Synergien genutzt werden können. Es gibt zahlreiche Systeme und auch innerhalb der Systeme verschiedene Qualitätsstufen, sodass sich bei wirklichem Interesse an einer Zertifizierung eine Lösung findet. Allerdings ist es nahezu unmöglich einen Standard-Bau nachträglich zu zertifizieren.

Zertifizierung von nachhaltigen Gebäuden: Eine Übersicht über DGNB,QNG und LCA.